Die Geschichte und Entstehung der Stadt Füssen

Aus Füssens Vergangenheit

( Reinhold Böhm)

Die Gegend von Füssen wurde geformt durch die verschiedenen Eiszeiten, vor allem durch die Kraft des Lechgletschers. Zahlreiche
Moränenhügel und die meisten  Voralpenseen sind heute noch
sichtbare Zeugen aus jenen Zeiten.

Das Füssener Land ist uralter Kulturboden: Funde aus dem Ende der
Altsteinzeit (14000 - 9000 v. Chr.), reichlich Material der Mittelsteinzeit
(Feuerbichl, Horn, Nähe AÜW) weisen zumindest auf eine
vorübergehende Anwesenheit des Menschen hin. Die Gegend war in
historischer Zeit vom vindelikischen  Stamm der Likatier besiedelt (Völkerfamilie Kelten) und wurde seit 15 v. Chr. Durch die Feldzüge der Augustus-Stiefsöhne Tiberius und Drusus romanisiert. Das Land gehörte verwaltungsmäßig zur römischen Provinz Raetien, welche unter Kaiser Diokletian (284 - 305 n. Chr.) in Raetia I (Provinzhauptstadt Chur) und Raetia II (Provinzhauptstadt Augsburg) geteilt wurde. Kaiser Claudius (41 - 54 n. Chr.) ließ zur engeren Anbindung des neuen Gebiets an das Römische Reich eine Militärstrasse, die Via Claudia, bauen, welche von Altino (in der Nähe des heutigen Venedig) und dem Po ihren Ausgang nahm und über Füssen und Augsburg an die Donau führte. Gegen Ende des 3. Jahrhunderts entstand auf dem heutigen Schlossberg ein römisches Lager zur Sicherung des Nachschubs gegen die seit Anfang des Jahrhunderts einsetzenden Alemanneneinfälle. In den folgenden Jahrhunderten wurde das Gebiet alemannisch besiedelt, wobei es staatsrechtlich zuerst unter
ostgotische Herrschaft, später dann unter fränkische Oberhoheit geriet.

Der Name Füssen gab und gibt zu mancherlei Deutungen Anlass. Schriftlich tritt er erstmals auf einem römischen Grenzstein aus dem 4. Jahrhundert auf (fotensium), danach in einem Anfang des 5. Jahrhunderts verfassten römischen Verzeichnis aller Staats- und Hofämter und bezeichnet hier das römische Nachschublager "foetibus" (Ablativ) auf dem heutigen Schlossberg. Ob das Wort aus vorrömischer Zeit stammt und von den Römern latinisiert wurde oder
wie neuere Deutungen nahelegen, "original" lateinisch ist und einen "Ort an der Schlucht" (=Lechdurchbruch am sog. Lusaltenfelsen) bezeichnet, mag einer weiteren Abklärung anheim gestellt werden. Wie dem auch sei, beide Male stehen die römischen Bezeichnungen im Zusammenhang mit dem Militärwesen: zum einen bezeichnen sie einen "Praepositus Fotensium" (=Kommandant der Füssener Truppe), zum anderen ein Militärlager "Foetibus" (Foetes). Die Mönche von St. Mang nannten den Ort ihres Kloster "ad Fauces" (=an der Schlucht), und 1175 erschien der deutsche Namen Fozen.

Das Wappen Füssens bilden drei Füße. In dieser Art ist es ein sogenanntes redendes Wappen. Seine Entstehung wird man sich wohl folgendermaßen zu denken haben: Die ursprüngliche Bedeutung des Stadtnamens war unbekannt, in der Form zur Zeit der Stadterhebung lautete er Fvezzen, was als Füße abgeleitet wurde. Danach wurde dann das Wappen der drei Füße gestaltet, welches im Stadtsiegel von 1317 erstmals auftauchte. Der Name ist also bedeutend  älter als das Wappen. Ob die Dreizahl der Füße an das Zusammenstoßen dreier Herrschafts-gebiete im Raume Füssens (Fürstbistum Augsburg bzw. Herzogtum Schwaben, Grafschaft Tirol, Herzogtum Bayern) erinnerte, bleibt dahingestellt. Jedenfalls ist das Dreifußzeichen ein altes
Wappensymbol.

Im Auftreten des hl. Magnus erfährt die Stadtgeschichte einen neuen Schwerpunkt. Um 700 geboren, wahrscheinlich rätoromanischer Abstammung, verließ er das Kloster St. Gallen und wirkte 26 Jahre in unserer Gegend, weniger als Missionar als vielmehr ein Festiger des Glaubens und Lehrer des Volkes in der Bewältigung des Lebens (siehe Eisenabbau). An einem 6. September des Jahres 750 oder 772 starb er in Füssen. Aus seiner Zelle und einer Marienkirche entwickelten sich später über manche Um- und Neubauten des heutige St. Mang Kloster mit Kirche (1701 - 1717), erbaut von dem Allgäuer Baumeister Johann Jakob Herkomer im italienischen Barockstil.

Entstehung des Ortsnamens "Füssen"

Die älteste Nennung Füssens findet sich auf einem Grabstein des Heraclius „praepositus militum fotensium“ (=Kommandant der Füssener Truppe). Im römischen Staatshandbuch „Notitia dignitatum“ aus dem 4./5. Jahrhundert wird ein Militärposten in „Foetibus“ beschrieben. Die Magnus-Vita vom Ende des 9. Jahrhunderts nennt den Ort "fauces" (= Schlund – gemeint ist damit der Lechfall). Der deutsche Name Füssen taucht in Urkunden erstmals Ende des 12. Jahrhunderts auf als Fuzin, Fozen, Fießen, Fuessen und bedeutet die Mehrzahl von Fuß. Obgleich der Ursprung des Namens nicht eindeutig ist, verfügt Füssen aber über ein „redendes“ Wappen. Der Name wird direkt bildlich wiedergegeben: die drei Füße stehen für Füssen.

Das Wappen der Stadt Füssen

Für die Stadt Füssen ist urkundlich weder die Verleihung des Stadtrechts noch die eines Wappens nachzuweisen. Generell begann die Wappenführung von Gemeinden in Europa erst zu Anfang des 13. Jhdts. mit den Wappen der Städte. Die meisten altüberlieferten Ortswappen entstanden aus Siegelbildern, die durch die Unterbringung in einem Schild zu Wappen wurden, wobei die Festlegung der Farben den entscheidenden Schritt vom Siegel zum Wappen kennzeichnet.

Füssener "Bürger" sind seit 1286 bezeugt, spätestens von diesem Jahr an war Füssen Stadt und hatte von da an auch ein eigenes Wappen.

Das älteste hier bekannte Siegel der Stadt zeigt im gegitterten Dreiecksschild drei plump geschnittene Menschenbeine, zwei nach links und rechts oben, das dritte abwärts weisend, die Schenkel in der Mitte zu einem Dreieck zusammengestellt.

Als frühesten Abdruck nennt Steichele einen von 1311, Stadler einen vom Jahre 1317. Im Füssener Stadtarchiv gibt es erst einen zum Jahre 1473 auf der Urkunde Nr. 84. Die Inschrift lautet: "SIGILLUM CIVIUM DE FUZEN". Sowohl die Schildform als auch die Schreibweise des Ortsnamens weisen darauf hin, daß dieses Siegel etwa um 1300 entstanden sein muß; möglich, daß es das erste Füssener Stadtsiegel überhaupt war.

Füssen führt ein "redendes" Wappen

Einer der vom 13. Jhdt. bis in die Gegenwart am häufigsten anzutreffenden Gestaltungsgrundsätze der Wappensymbolik ist das Bestreben, ein Wappen "redend" zu machen. Redende Wappen sind solche, deren Bild eine Anspielung auf den Namen des Wappenträgers enthält. Der mittelalterlichen Heraldik kam es dabei auf etymologische Richtigkeit nicht an. Schon der Gleichklang der Worte genügte oft zur Bildung eines redenden Wappens.

Die Schildfigur und ihre Deutung

Wesentlichster Teil eines jeden Wappens ist seine Schildfigur. Sie ist zwar wie alles, das über lange Zeit im Gebrauch ist, einem häufigeren Stilwandel unterworfen, doch darf an der Bedeutung und der Aussage des überlieferten Bildes selbst nichts geändert werden, es sei denn, eine solche Änderung des Wappeninhalts wäre gewünscht. Leider ist nicht jedes Wappenbild so klar wie diese Regel, und oft genug stellt sich die Frage, was nun wirklich zu dem Bild gehört, was zufällig daran ist oder bedeutungsloses Beiwerk.

Bei altüberkommenden Wappen wird häufig die Frage gestellt, was sie zu bedeuten haben. Urkunden, die eindeutige Auskunft geben könnten, fehlen in der Regel. Daß schon im Mittelalter die Motive meist nicht mehr bekannt waren, die zur Entstehung eines Wappens geführt hatten, zeigen die volkstümlichen Deutungen der zahlreichen Wappensagen. Bei "redenden" Wappen werden wir das Motiv am ehesten erkennen. Welche Gedanken und Vorstellungen den Stifter eines alten Wappens aber zur Wahl der besonderen Form seines Bildes bewogen haben mochten, bleiben bestenfalls unserer Phantasie und Vermutung zugänglich.

Die Füße und/oder die Dreizahl im Füssener Stadtwappen werden in Beziehung gebracht zu:

  • den 3 Tälern (Vils-, Lech- und Faulenbachertal)
  • den 3 Haupttoren (Lech-, Ritter- und Kuglertor)
  •  den 3 Hauptstraßen (Lechhalde, Ritter- und Reichenstraße)
  • dem sog. "Mangtritt", einer fußspurähnlichen Vertiefung nahe dem Lechfall bei Füssen, oder auch zu dem "Fuß" als Anwesenheitszeichen der Benediktiner.

Es ist wahrscheinlicher, daß der Stifter des Füssener Stadtwappens, alter heraldischer Gepflogenheit folgend, seine "Füße" einfach in den "Dreipaß" zur "Deichsel" oder ins "Gabelkreuz" gestellt hat, was jeweils das Gleiche bedeutet und grundsätzlicher Regel einer Schildeinteilung entspricht.

Daß sich die Phantasie der Menschen an solchen Symbolen und Zeichen entzündet, die ihnen in ihrem Alltag auf Schritt und Tritt begegnen, ist ganz natürlich, ebenso, daß sie versuchen, dem eine tiefere Bedeutung und mehr Sinngehalt zu geben.

Solange das Risiko des Unbeweisbaren dabei bewußt bleibt, ist ja auch alles in Ordnung, sind es doch gerade solche Geschichten, die einem Bild erst seine Plastik geben. Hier aber beginnt auch die Gefahr, daß man zu zufällig Ähnlichem Beziehungen knüpft, die es nicht gibt, daß solche "Entdeckungen" zum historischen Beweis mißbraucht werden.

Andere Dreibein-Symbole und Dreibein-Wappen

1.       Mykenische Schale (5. Jahrhundert v. Chr.)

2.       Sizilianische Münze (4. Jahrhundert v. Chr.)

3.       Wappen der Isle of Man

4.       Polnischer "Herb" Borzyma (15. Jahrhundert)

5.       Zunftwappen der Prager Schuster (16. Jahrhundert)

6.       Zunftwappen der Schuster in Neutitschein/Mähren (1639/40)

7.       Ritter von Maschau/Böhmen (um 1360)

8.       Die Rabensteiner von Dölau (15. Jahrhundert)

9.       Ulmer Goldschmied Pepfenhauser (1720)

Text nach Schlagmann, Karl: Die Wappen der Stadt Füssen; in: Alt Füssen, Jahrbuch des Historischen Vereins Alt Füssen, 1979

Die Stadterhebung Füssens

Ungewiß geblieben ist bis heute das Jahr, in dem Füssen zur Stadt wurde. Füssener Bürger sind seit 1286, die "Bürgerschaft" seit 1294 bezeugt.

1313 ging die Vogtei über Füssen an den Bischof von Augsburg. In der noch erhaltenen Urkunde heißt es: "Ich, Dietegen von Castel, schwäbischer Reichslandvogt, verspreche dem Bischof von Augsburg feierlich, die Vogtei Füssen mit allen Rechten und Zubehör zu übertragen... als Gegenleistung für die Bezahlung von vierhundert Mark Augsburger Silberwährung... Solange diese Summe nicht eingelöst ist, bleibt die besagte Vogtei als Pfand oder Hypothek unter der Verwaltung und im Besitz des Bischofs." Demnach war Füssen vor 1313 eine Stadt des Reiches gewesen, nicht jedoch eine "Freie Reichsstadt". Nachdem das Reich die Pfandsumme nie mehr eingelöst hat, blieb Füssen "augsburgisch bischöfliche Stadt" bis zur Auflösung des weltlichen Territoriums des Hochstifts im Jahre 1802.

Text nach Schlagmann, Karl: Die Wappen der Stadt Füssen; in: Alt Füssen, Jahrbuch des Historischen Vereins Alt Füssen, 1979